92/156/83 beschreiben keine Körpermaße, sondern die Tagesleistungen meiner ersten Testfahrt von Duisburg nach Friedeburg. Die Tour führte von Duisburg über Mülheim, Oberhausen, Dorsten, Dülmen, Rheine, Meppen, Papenburg, Leer bis Friedeburg.
Es ist immer wieder ein Spagat – wie geht man so eine Strecke an?
Fahre ich von einem Fotostop zum nächsten oder versuche ich einfach mal nur „Strecke“ zu machen? Radfahren ist eben doch wieder etwas anderes als Wandern und braucht etwas Eingewöhnung. Fotostop, stehen bleiben, Fotoapparat rausholen und Aufnahme machen. Alles wieder einpacken und weiter. So komme ich nie ans Ziel, denke ich mir. Aber auch solche Erfahrungen sind wichtig, gerade um für die eigentliche Tour einen guten Rhythmus zu finden.
Interessant für mich ist vor allem das Energiemanagement. Jeder der drei Tagesabschnitte hat seinen eigenen Charakter. Das erste Teilstück von Duisburg nach Dülmen ist geprägt durch viel städtische Wege und Highlights der „Route Industriekultur“. Auf der Halde Haniel erwartet mich ein toller Ausblick über das Ruhrgebiet, Industriekulisse und grüne Wälder.
Mein Navi zeigt mir den weiteren Streckenverlauf an. Bis jetzt kann ich mich mit Komoot gut auf die Routenplanung verlassen. Gerade das Plateau verlassen, zeigt mir das Navi eine Abbiegung nach rechts. Ich folge – und dann ist es auch schon zu spät. Es geht bergab, aber Downhill wollte ich dann doch nicht fahren. Nach oben geht es auch nicht mehr. Das vollgepackte Rad und der glitschige Untergrund bieten nur eine Möglichkeit: schieben. Es dauert nicht nur länger sondern ist auch mit ein paar kräftigen Rutschpartien verbunden. Definitiv ein Aspekt, den ich bei der nächsten Routenplanung mitbedenken werde. Blindes Vertrauen ist wohl doch nicht immer die beste Idee.
Am zweiten Tag von Dülmen bis Walchum kurz vor Papenburg
Von Billerbeck bis Rheine geht es weiter auf der stillgelegten und für Radfahrer umgebauten Radtrasse. Diese wird von örtlichen Heimatvereinen und Eisenbahnclubs betrieben. Entlang der Strecke befinden sich alte Signale, Kilometersteine, sonstige Relikte und Wärterhäuschen, die zum Verweilen einladen und bei schlechtem Wetter auch mal vor Regen schützen. An den Bahnhöfen bekommt man neben Speisen und Getränken auch Servicegelegenheiten fürs Rad. Luftpumpe, Flickzeug und sogar für Fahrradständer mit Netzanschluss ist auch gesorgt. Sein eigenes Ladegerät sollte man aber schon dabei haben.
Ab Rheine führt meine Route dann weiter entlang des Dortmund-Ems-Kanals und der Ems in Richtung Papenburg. Wasser, Weg und Bäume säumen den zweiten Teil des Tages. Die Sonnen senkt sich und erzeugt Licht- und Schattenspiele in der Natur. Am Abend komme ich zum Campingplatz in Walchum. Gefühlt als einziger Gast in dieser Jahreszeit schlage ich mein Zelt auf und bekomme vom Pächter noch den Stromanschluss bis zum Zelt gelegt – Service in der Vorsaison.
Zum Frühstück muss am nächsten Morgen erstmal geradelt werden
Bei jedem Meter nimmt der Wind zu, ein gutes Zeichen dafür, das es Richtung See geht. Wie es das Schicksal will, kommt der Wind natürlich nur von vorne. Aber: positiv denken. So lässt sich die Akkuleistung noch einmal bei anderen Witterungsbedingungen testen. Es sind zwar nur noch 80km bis zum Ziel – mit voller Akkuleistung könnte es wohl dennoch etwas knapp werden.
Nach der gestrigen Tour von 158 Km habe ich noch rund 20% Restleistung. Somit sollte also auch heute alles Gut gehen, eher würde sich wohl mein Gesäß melden. Die Sonne scheint, also einfach los und die Fahrt genießen. Gegen Mittag komme ich in Leer an. Am Freizeithafen gibt es statt Friday’s for Future eine Menschenkette der Schulen gegen den Krieg in der Ukraine. Rund um den gesamten Freihafen haben sich die Schüler aller Schulen aufgestellt um ihrer Position Ausdruck zu verleihen.
Für mich reicht es noch für einen kleinen Mittagssnack, dann geht die Tour auch gleich weiter. Auf den restlichen Kilometern vorbei an Feldern und Wallhecken, nimmt der Wind nochmal ordentlich zu. Dann: das Ziel ist in Sicht.